Neuaufbau mit neuem Trainer
Es war ein langer Fussballabend im Braun-schweiger Eintracht Stadion. Nachdem der Rauch aus dem Gästeblock endlich verzogen war und Schiedsrichter Stieler den Ball rollen liess, ahnte noch niemand im Stadion, dass erst nach 23 Uhr der Abpfiff mit einem guten Ergebnis für die Braunschweiger Fussballwelt erfolgen würde.
„Leer“, „Platt“„Ausgepumpt“ waren die ersten Kommentare der Akteure nach einem nervenaufreibendem Spiel über mehr als 120 Minuten, das sowohl alle Spieler, Verantwortlichen und Fans so schnell nicht vergessen werden. „Ich weiss nicht ob ich lachen oder heulen soll“, so Ermin Bicakcic, einmal mehr der Turm in der Schlacht. „Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle!“, fasste Eintracht Keeper Ron Thorben Hoffmann das Erlebte zusammen. Deutlicher wurde da schon Sven Köhler: „Der Verein muss endlich aufwachen! Immer weiter so – dann steigt man irgendwann ab!“
Um das zu verhindern ist jetzt die Vereinsführung um den sportlichen Leiter Benjamin Kessel gefragt. Wo andere Vereine schon vor dem Ende des Ligabetriebes ihre Planungen für die kommende Saison aufnehmen konnten, war bis zum Dienstagabend nicht klar, wohin die Reise mit den Löwen geht – spielt mann weiterhin im deutschen Unterhaus oder erfolgt der Absturz in Liga3, im Millionenspiel Profifussball ein finanziell gravierender Unterschied. Riesiege Einschnitte im Saisonetat wären im Abstiegsfall zu verkraften gewesen und so erklärten viele Spieler, auch für die Jobs zahlreicher Mitarbeiter der Löwen auf dem Platz gekämpft zu haben.„Daniel und sein Team gehören mit ins Boot“, Ermin Bicakcic erinnerte an Eintracht beurlaubten Chefcoach Daniel Scherning, der in der letzten Saison das Wunder von Braunschweig möglich machte und in dieser Spielzeit in der Rückrunde durch Siege gegen haushohe Favoriten den Löwen neues Leben einhauchte.
Zahlreiche Verträge von Leistungsträgern laufen zum 30.06 2025 aus, auch da zum Teil nur bis zum Saisonende ausgeliehen. Hier gilt es ein Gerüst zu schaffen, das langfristig den Erfolg an die Hamburger Strasse zurück bringt und das von Saison zu Saison mit jungen erfolgshungrigen Fussballern aufgefüllt wird, sodass auch einzelne Abgänge verkraftet werden können, dafür aber Geld in die stets klamme Kasse des Vereins spülen. Ron Thorben Hoffmann sieht sich da als Vorreiter, ist zusammen mit anderen Leistungsträgern bereit mehr Verantwortung zu übernehmen. Nun gilt es mit einem neuen Trainer in sorgenfreiere Zeiten zu starten und nach seiner Philosophie einen Kader zusammen zu stellen, der schon zum Saisonbeginn Zweitligaansprüchen genügt, damit man nicht wieder der Musik hinterläuft. Schon in wenigen Wochen beginnt die Saisonvorbereitung, bereits am ersten Augustwochenende erfolgt der Startschuss in die Spielzeit 2025/26. Es liegt also eine Mammutaufgabe vor Bejamin Kessel und der Scoutingabteilung des Vereins, jetzt an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Mit den Absteigern aus der Bundesliga Holstein Kiel und Bochum sowie den Wiederaufsteigern Arminia Bielefeld und Dynamo hat die Liga in der kommenden Saison nichts von ihrer Attraktivität verloren, dürfte ähnlich ausgeglichen sein wie in dieser abgelaufenen Spielzeit. Sieben lange Jahre hat der HSV gebraucht, um in die Bundesliga zurück zu kehren. Das Who is Who der Trainergilde hat sich die Tür in die Hand gegeben, erst das Eigengewächs Merlin Polzin hat die Hamburger in die nötige Erfolgsspur gebracht. Auch in Braunschweig kennt man diese Erfahrung, setzte erst in den entscheidenden letzten Spielen zur Qualifikation für die 3. Liga auf Torsten Lieberknecht, um dann langfristig mit ihm in die Erfolgsspur zu finden. Einen ähnlichen Kultstatus geniesst an der Oker Marc Pfitzner…. .
Nach dem Spiel ist vor der Saison. Am 15. Juni ab 18.15 Uhr findet im Rahmen der Sportschau die Auslosung für die erste Hauptrunde im DFB-Pokal statt, die vom 15. bis 18. und 26/27. August ausgetragen wird. Die Eintracht befindet sich in Lostopf 1 zusammen mit Preussen Münster, den Drittligisten und den Siegern im Landespokal. Gegner wird in jedem Fall ein Konkurrent aus der 2. Liga oder gar ein Bundesligist sein. Auf jeden Fall geniessen die Löwen in der ersten Runde Heimrecht. In den letzten Jahren konnten die Blau-Gelben allerdings nicht so sehr für Furore sogen wie in früheren Zeiten, als man als Underdog grosse Namen wie Borussia Dortmund, Hannover 96 oder Hertha BSC im Eintracht Stadion besiegt hat. Am 21. Juni stellen sich wieder alle Abteilungen des Vereins im Rahmen des ‚Tags der Eintracht‘ im Stadion an der Hamburger Strasse vor. 7.633 Mitglieder zählt bisher die Eintracht Familie, Schalke 04 kann auf 193.000 Mitglieder verweisen, Bayern München kommt auf rund 400.000 Mitglieder.
-Matthias Schumacher

Foto: Matthias Schumacher