Rheingold von Richard Wagner

Den Göttern dämmert es schon reichlich

Weltstar Thomas Mohr und Generalmusikdirektor Srba Dinic machen Rheingold zu einem gesanglichen und musikalischen Ereignis.

Die Werke Richard Wagners haben in Braunschweig eine beeindruckende Bühnentradition. Als viertes Theater weltweit kam „Der Ring des Nibelungen“ auf die Bühne des damaligen Hoftheaters. Mit dem Vorabend des Bühnenfestspiels begann das große Wagner-Projekt des Staatstheaters mit dem Titel „Erweiterung des Ringgebiets“. Das Musikdrama von Richard Wagner Rheingold bot drei Schauspielern die Gelegenheit mitzuwirken. In der Tetralogie aus Siegfried, Die Walküre(n) und Götterdämmerung kommen weitere Sparten und Künstler hinzu. In der Götterdämmerung, die den Ring beendet, kommen dann alle Sparten des Staatstheaters zusammen.
Dieses Projekt ist weltweit einzigartig und dementsprechend war die Spannung im Publikum zu spüren. Operndirektorin Isabel Ostermann inszenierte Rheingold düster und das Ende, das in der Götterdämmerung manifestiert, in jeder Sekunde wahrnehmbar.
Die drei Schauspieler Nina Wolf (Brünnhilde), Luca Füchtenkordt (Hagen) und Heiner Take (Hunding) greifen die Zukunft voraus und unterbrechen leider immer wieder den musikalischen Fluss. Das ist den hervorragenden Darstellern nicht anzukreiden, denn sie machen ihre Sache wirklich gut und werden leider vom Publikum trotzdem mit Zwischenrufen und einem Buhgewitter, das auch die Regisseurin beim Schlussapplaus trifft, bedacht. Aris Argiris als Wotan zeigt einen großen warmen Bariton, der auch den Ausbrüchen gerecht wird. Gleiches gilt für den neu im Ensemble des Staatstheaters engagierten Michael Mrosek, der Alberich stimmlich und darstellerisch großes Profil gibt. Auch Matthew Peña ist neu im Braunschweiger Ensemble und präsentiert einen gefügigen Mime mit tenoraler Kraft. Die Riesen Fafner und Fasolt werden von Jisang Ryu und Rainer Mesecke glaubwürdig dargestellt. Es gelingt Spielbass Meseke gesanglich über sich zum Riesen hinauszuwachsen. Das lässt sich von der blassen und kraftlosen Stimme von Kwonsoo Jeon als Froh nicht konstatieren.

Auf der Schattenseite steht ebenfalls Ekaterina Kudryavtseva als Freia, die ihren lyrischen Sopran völlig überfordert und zum äußerst unschönen „Brüllen“ neigt. Gewaltig tönt auch Maximilian Krummen als Donner. Ob das seinem lyrischen Bariton gut tun kann? Marlene Lichtenberg (Erda) fehlt es gewaltig an der notwendigen Tiefe. Unglaublich die Präsenz und stimmliche Kraft und Wandlungsfähigkeit von Thomas Mohr, der ein Weltklasse-Loge ist und seinen Heldentenor variabel und stets bestens führt. Auf der Habenseite steht Catriona Morison, die ein angenehmes Stimmmaterial ihr Eigen nennt und über ausreichend Stimmkraft verfügt, um mit sattem Mezzo zu gefallen. Die Rheintöchter waren Milda Tubelytò (Wellgunde) mit hellem äußerstem Wohlklang, Isabel Stüber Malagamba (Floßhilde) mit leicht kehliger Tiefe und Narine Yeghiyan (Woglinde) mit kräftig klarem Sopran, der leider immer wieder übertönte.

Die Alltagsbekleidung, die auch heute auf der Straße nicht auffallen würde, stammt von Julia Burkhardt. Das Bühnenbild wechselt zwischen irgendwie unfertigen Wänden mit vielen Türen und Videoeinblendungsmöglichkeiten auf einer Drehbühne und einer durch den Einsatz der Bühnenmaschinerie heraufgefahrenen Unterwelt von Stephan von Wedel, der für die Videoeinblendungen verantwortlich zeichnet.

Glanzpunkt des Rheingolds ist die musikalische Umsetzung und das gilt insbesondere für das grandios aufspielende Staatsorchester Braunschweig. Dieses hatte Generalmusikdirektor Srba Dinic bestens vorbereitet. Als erster serbischer Dirigent leitet er einen Ring des Nibelungen und hat die Fäden zwischen Orchester und Solisten stets im Blick. So dunkel und endzeitlich das extrem wandelbare aber immer trostlose Bühnenbild und die Inszenierung von Isabel Ostermann auch sein mögen, so gleißend und überwältigend musiziert das Orchester. Dafür erntete Dinic viele Bravorufe, die er wie die Blumen an seine Musiker weitergab. Einzig zum Ende waren die Blechbläser einige Male nicht perfekt. Insgesamt ein dunkler Abend mit einer vorausgreifenden Botschaft der Götterdämmerung und einem Orchester und Solisten, die zeigen, dass Braunschweig einen „Ring“ stemmen kann.

Prof. PhDr. Sven-David Müller, M.Sc.

Foto; Thomas M. Jauk