Neues Forschungsgroßgerät: Ein Adler fürs nachhaltige Fliegen

E2AGLE – Labor für die Entwicklung neuer Bordnetze von Flugzeugen bewilligt

Um das Fliegen umweltfreundlicher zu gestalten, spielen elektrische Bordnetze eine Schlüsselrolle. Im Rahmen des Exzellenzclusters SE2A „Sustainable and Energy-Efficient Aviation“ sollen unter anderem neue elektrische Bordnetze entwickelt und untersucht werden. Damit Effizienz und die strengen Vorgaben zur Zuverlässigkeit im Luftverkehr direkt bei der Entwicklung berücksichtigt werden können, erhält das Cluster jetzt ein neues Labor, das Electric Aircraft Ground Lab Environment (E2AGLE). Das Forschungsgroßgerät wird an zwei Standorten, an der Technischen Universität Braunschweig und an der Leibniz Universität Hannover, in zwei Teilsystemen aufgebaut. Die Kosten in Höhe von 3 Millionen Euro tragen jeweils zur Hälfte die Deutsche Forschungsgemeinschaft und das Land Niedersachsen.

Das Exzellenzcluster SE2A entwickelt für das nachhaltige und effizientere Fliegen elektrifizierte Antriebstränge, die unmittelbare Auswirkungen auf das Flugzeugdesign und somit auch auf die Bordnetzstrukturen haben. Mit verteilten Propulsorantrieben statt der bisherigen zwei Triebwerke ergeben sich in Kombination mit modernen Elektroantrieben eine Vielzahl neuer Möglichkeiten, Antriebssystem, Leistungselektronik und Bordnetz hinsichtlich der Energie- und Informationsflüsse zu gestalten. 

Im Laborraum des Instituts für Elektrische Maschinen, Antriebe und Bahnen wird ein Teilsystem von E2AGLE errichtet. Prof. Markus Henke, Prof. Regine Mallwitz sowie SE2A Clustersprecher Prof. Jens Friedrichs mit den ersten Komponenten des Großgeräts E2AGLE | Foto: Dirk Ferch/TU Braunschweig

Zentrale und dezentrale Bordnetztopologie werden untersucht

Mit Hilfe des jetzt genehmigten Forschungsgroßgerätes E2AGLE können die topologischen Möglichkeiten der Bordnetze und die sich daraus ergebenen Fragestellungen der Flugzeugantriebe grundlegend untersucht werden. Das Forschungsgroßgerät wird in zwei Teilsysteme unterteilt, die zwei Entwicklungsansätze verfolgen und die sich technisch unterscheiden: Ein Teilsystem untersucht eine zentrale und das andere eine dezentrale Bordnetztopologie, bei der eine freie Positionierung der Speicherkomponenten im Flugzeug ermöglicht wird. Informationstechnisch sind beide Systeme verknüpft, so dass die Ergebnisse der unterschiedlichen Topologien verglichen werden können.

An der TU Braunschweig und an der Leibniz Universität Hannover werden die beiden Teilsysteme modular aus einzeln skalierbaren Komponenten – wie Nachbildungen von Brennstoffzellen oder Batteriespeichern in Kombination mit Flugantrieben errichtet. Durch die kooperative und arbeitsteilige Vorgehensweise können so gleichzeitig zwei Bordnetztopologien auf das technische Leistungsvermögen, die Zuverlässigkeit und die Effizienz von Flugmanövern, Fehlerszenarien, beispielsweise den Ausfall eines Antriebsmotors, sowie Ladeverfahren untersucht werden.

Vergleich verschiedener Entwicklungsansätze in Braunschweig und Hannover

Das am Institut für Elektrische Maschinen, Antriebe und Bahnen der TU Braunschweig zu errichtende Teilsystem des Forschungsgroßgeräts wird eine zentrale Bordnetztopologie untersuchen, bei der alle Energiequellen mit einem gemeinsamen Bordnetz verbunden sind.  Dies ermöglicht trotz hohem Verkabelungsaufwand Forschungsarbeiten zur flexiblen Gestaltung der Energieflüsse und damit verbunden zur Redundanz und Zuverlässigkeit der Systemkomponenten. Die Leitungsverluste werden durch den Einsatz von Supraleitern im Bordnetz untersucht und verifiziert.

Der Teil des Forschungsgroßgeräts, der an der Leibniz Universität in Hannover am Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik steht, erforscht dezentrale Bordnetztopologien. Hierzu werden viele kleine Energiespeicher in der Nähe der Antriebe positioniert. So kann die Verkabelung reduziert werden. Dafür muss die Zuverlässigkeit zum Beispiel durch die Erhöhung der Antriebe sichergestellt werden.

Die Ergebnisse der Untersuchungen der beiden Entwicklungsansätze werden anschließend verglichen, um daraus technische Handlungsempfehlungen ableiten zu können. 

Stimmen zu der Förderung:

Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur „Ich freue mich außerordentlich, dass wir als Land Niedersachsen diesen wichtigen Baustein im Rahmen des Exzellenzclusters SE²A mit Mitteln in Höhe von 1,5 Millionen Euro aus zukunft.niedersachsen unterstützen können. Zweifellos wird das E²AGLE dazu beitragen, hoch relevante und spannende Forschungsergebnisse für die Weiterentwicklung des Luftverkehrs zu generieren.“

Professorin Angela Ittel, Präsidentin der TU Braunschweig: „Die Bewilligung des Großgeräts E2AGLE unterstreicht die herausragende wissenschaftliche Qualität der Forschung im Bereich unseres Exzellenzclusters SE2A zum nachhaltigen Fliegen an der TU Braunschweig und trägt so passgenau zum weiteren Ausbau dieser Spitzenforschung bei. Die Bewilligung bestätigt aber auch die Exzellenz der antragstellenden Wissenschaftler*innen und ihre international herausragenden wissenschaftlichen Vorarbeiten im Exzellenzcluster. Nicht zuletzt stärkt das Großgerät auch unsere nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie unseren Forschungsschwerpunkt Mobilität enorm. Besonders freut es mich, dass die Vernetzung mit unserer wichtigen Kooperationspartnerin, der Leibniz Universität Hannover, dadurch so erstklassig weiterbefördert wird.“

Professor Volker Epping, Präsident der Leibniz Universität Hannover, ergänzt: „Die Erforschung nachhaltiger Mobilität in allen Facetten ist eine der großen Herausforderungen der Wissenschaft vor dem Hintergrund des Klimawandels. Ich freue mich, dass dieser drängenden Frage durch entsprechende finanzielle Förderung aus der Politik im Bereich des Flugclusters auch gemeinsam von Leibniz Universität Hannover und TU Braunschweig nachgegangen werden kann.“

Über den Exzellenzcluster SE2A

Das Exzellenzcluster SE2A ist ein interdisziplinäres Forschungsvorhaben mit dem Ziel, Technologie für nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung des Luftverkehrs zu erforschen. An SE²A sind neben der TU Braunschweig, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, die Leibniz Universität Hannover, die Hochschule für Bildende Künste Braunschweig und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt beteiligt.